1949 brachte Donnhofer recht prägnant das Verhältnis von Kunst und Gebrauchsgrafik (Plakat) auf den Punkt: „Ich habe noch keinen Kaufmann oder Industriellen gesehen, der seine Werbeplakate – und wären dieselben von den namhaftesten Künstlern – eingerahmt im Schlafzimmer oder im Salon aufgehängt hat. Hingegen habe ich schon sehr mittelmäßige Gemälde, Plastiken und Nippessachen in den Räumen jener Leute gefunden, die künstlerisch weit weniger beanspruchen, als es das Durchschnittsplakat bietet.“
Quelle: Wilhelm Donnhofer, Plakate, Wien 1949.
" [...] habe ich mit meinen Arbeiten in Österreich erstmalig den bisherigen konservativen Weg der trockenen Bankpublikationen verlassen und hier eine allerdings anfänglich vor allem in der Provinz heftig kritisierte frische und teils humorvolle Linie eingeführt, die dem internationalen Niveau entspricht.“ Heinz Traimer 1963.
Bereits in der Schulzeit zeigte der bayerische Gebrauchsgrafiker Heinz Traimer (1921-2002) zeichnerisches Talent. So entwarf er für einen örtlichen Bäcker neue Verpackungen. Der Klavierspieler, ausgesprochene Sportler und angehende Medizinstudent wurde im Krieg als Funker eingezogen und kehrte 1945 mit einer Kinderlähmung aus der russischen Kriegsgefangenschaft zurück. Nun musste Traimer mühsam in das Leben zurückfinden und bewarb sich 1948 mit mehr als Tausend anderen Bewerbern um einen der 12 Plätze an der hoch angesehenen „Akademie für das Grafische Gewerbe – Meisterschule für Deutschlands Buchdrucker“ (1949-1952) in München, wo er auch angenommen wurde.
Nicht leicht gestaltet es sich, die ersten Jahre des Grafikers nachzuvollziehen. Er arbeitete wohl teils freischaffend und teils angestellt in Münchner Werbeaateliers wo er erste Plakate und Prospekte für deutsche Sparkassen entwarf.
Auf Sommerfrische 1954 am Millstätter See (Österreich) lernte er seine Ehefrau Gertraude kennen. In der Wirtschaftsjuristin aus Wien fand er eine geniale Partnerin die ihn bis zu ihrem frühen Tod (1979) betriebswirtschaftlich unterstützte. In Wien fand er eine Anstellung als Atelierleiter in der großen Agentur „Koszler“, wollte sich künstlerisch aber nicht unterordnen und verließ bereits nach einem Jahr das Atelier. Vor Oktober 1955 entstand ein Kontakt zur Werbeabteilung der Z - Zentralsparkasse der Gemeinde Wien, den Sparkassen und dem Sparkassen-Verlag,
Es entstand das erste nachweisbare und weitverbreitete Weltspartags-Plakat mit dem sinnigen Titel anlässlich des Staatsvertrages: „Sparen - frei sein!“.
Mit seiner Frau machte er sich selbständig und gründete eine der ersten österreichischen Siebdruckereien, die „Kahlenberg-Graphik“ die sich zu einem sehr florierenden Betrieb mit mehreren Angestellten entwickelte. Hier war nun professionelles künstlerisches Arbeiten mit dem technischen Wissen um die Machbarkeit perfekt vereint.
Der lebensfrohe Grafiker und Werbetexter war zunächst erstaunt über die bisweilen düstere Sparwerbung in Österreich, die hungernde Kinder und Schreckensszenarien aller Art zeigte, da sich die Dargestellten keine Ersparnisse angelegt hatten. Nach zwei Weltkriegen und Inflationen, sowie der erst kurzen Souveränität des Landes hatte man weder Lust noch Reserven zum Sparen. Erschwert wurde die Werbetätigkeit der Banken aufgrund von Gesetzen, die Bankwerbung als sittenwidrig ansahen. Traimer war auch für die Schaufenster-Gestaltung zuständig.
Leuchtende Farben, humorige Themen ersetzen nun den "Schrecken" des Sparzwanges. Besonders Kinder und Jugendliche wurden dazu animiert, ihr Geld in die Bank zu tragen, deren Eltern sollten ihnen folgen. Der humorvolle Zugang zur Sparkassenwerbung war eine Brücke, Traimer blies deswegen starker Gegenwind entgegen. Die Stuttgarter Sparkassen-Zeichenfigur „Sparefroh“ wird auch unter Traimer modifiziert und im Laufe der Jahre heimliches Markenzeichen der Sparkassen. Von Seiten der Politik ist die Sparerziehung ein ganz großes Thema, bereits im Kindergarten wird gespart. Überhaupt sehen sich die Sparkassen noch als Institute, die gesamtgesellschaftliche Verantwortung tragen und neben Benimm-Büchern, Haushaltskursen, Kunst-Sponsoring und Geldvorsorge auch Kunden vor unnötigen Geldausgaben bewahren wollen.
Aufregung herrschte jedes Jahr um den Weltspartag herum. Anfänglich von den anderen Banken belächelt, wurden später an diesem Tag Milliarden Schilling eingenommen, die teilweise mit Schubkarren abtransportiert werden mussten. Der Weltspartag war unbestrittener Werbe-Höhepunkt des Jahres, drei Plakatlinien, eines für Kinder, eines für die reifere Jugend und eines für die Erwachsenen. Geworben wurde in Schulen, Rathäusern, Bussen, Bahnen, Plakatflächen, Radio, Fernsehen, Kino, Klubhäusern, Zeitungen und Magazinen. Bundespräsidenten, Wirtschaftsminister und Bürgermeister hielten Reden, Kinder gingen als Sparefroh verkleidet mit einer Weltspartagsfahne durch die Orte zur Bank. Es gab kaum ein Entkommen.
1970 erklärten die jetzt groß gewordenen Werbeabteilungen der Sparkassen Traimer für nicht mehr zeitgemäß. Es sollten nun alles "jünger und mehr sexy" sein. Der Grafiker wusste aber, dass junge Frauen und Männer damals eben in der Regel keine Kreditkarte haben konnte und zuviel "Imagewerbung" einfach von dem abstrakten Produkt rund um das Thema Geld ablenkt. Traimer konnte und wollte diese Themen nicht so umsetzen und wandte sich zunehmend anderen Auftraggebern zu. Die eingeführte Banalität der Motive beziehungsweise Verwirrung der Kunden durch „Imagewerbung“ und nicht passende Werbetexte zeigten bei den Banken aber wenig Erfolg und so wandte man sich ab 1976 wieder an den erfolgreichen Grafiker der nun völlig freie Hand bekam um die KundInnen zurückzugewinnen. 1976 erhielt er den Staatspreis für Werbung und auch die Zentralsparkasse war wieder ein großes Thema.
Bis zum Tod seiner Frau 1979 entwarf der Designer geradezu ausufernd Plakate, nun auch für die Themen Kreditaufnahme und Finanzierung.
In der privaten Sammlung Traimer befinden sich mehr als 300 verschiedene Plakatmotive und knapp 2500 grafische Werke des Grafikers (MB).
In 1949, the critic Donnhofer summed up the relationship between art and commercial art (posters) quite succinctly: "I have yet to see a merchant or industrialist who would have hung his
advertising posters framed in his bedroom or salon. Even if they had been designed by the most renowned artists. On the other hand, I have found very mediocre paintings, sculptures and
knick-knacks in these people's rooms. And these are far less artistically significant than the average poster.
Source: Wilhelm Donnhofer, Plakate, Vienna 1949.