Vom Nutzen und Schaden des Humors
Ob mit Humor in der Werbung Kunden angesprochen und zum Lachen gebracht werden oder dadurch gerade das Gegenteil - ein unseriöses „Image“ - entsteht und das Produkt ins Lächerliche gezogen wird, muss wohl jedem Betrachter selbst überlassen werden.
1900 Sarkasmus ein Werbe-Hilfsmittel
Jedenfalls wurden bereits vor 1900 einige Produkte durch ein erheiterndes Moment beworben. So rät beispielsweise in sarkastischer Weise das Geschäft Ernst Seeler, Lebensmüden (Abb. 39), seine hervorragenden Krawatten für den geplanten Suizid zu verwenden.
1918 - patriotischer Ernst versus amerikanischem Witz
Doch bereits 1918 beschwerte sich Edmund Edel im „Sprachrohr der Plakatkünstler“, dem Magazin „Das Plakat“ folgendermaßen:
„Ulk, Witz und Humor ... Es ist lange her, dass sich die Plakatmaler dieses Besten aller Streitmittel entraten haben. Schade darum. Das Leben ist so kurz und ein Scherz so gesund: Das Plakat an der Säule, das wie eine Leuchtkugel vor den Blicken der schnell vorübergehenden Beschauer auffliegt, kann einem Ulk, einer Grimasse mehr erzählen, als mit trüber, stumpfer Farbenethik. […] doch die modernen Plakatzeichner vergessen die Seele des Volkes, für das sie arbeiten, und stolzieren auf hohen Kothurnen …“[1]. Anscheinend sahen die Menschen zu jener Zeit die groteske- und satirische Art des Humors als „amerikanisch“ an.[2]
Vom Unterschied des Witzes zum Humor
Ein Witz ist etwas, über das man schallend lachen kann, setzt Verstand voraus, ist mitunter sehr verletzend, oft schnell aus der Mode. Humor hingegen spricht das Gemüt an und berührt Gefühle, die länger anhalten, ist sich A. Halbert 1927 sicher und demonstriert dies, anhand zweier Beispiele, in seinem Buch.[3]
Beide sind Werbeanzeigen für einen Fön.
Während bei ersterem Adam und Eva (Abb. 40) mit einer Schlange an einer Schnur und einem Korb voller Äpfel von dannen ziehen, da ein Fön aus einer Wolke heraus anscheinend für Unbehagen sorgt, hat die zweite Anzeige einen Hund (Boxer) (Abb. 41) in Hemd und mit Krawatte, der sich die Ohren fönt, zum Thema.
Witz ist nun die biblische Szenerie, über die man durchaus lachen kann, die aber ebenso viele Personen möglicherweise zu verletzen vermag.
Heute, über 80 Jahre später, hat dies wohl an Brisanz verloren. Der Boxer hingegen sorgt für tiefere Berührung der Empfindungen, da man mit diesem liebestollen „Trottel“, der sich feinmacht, durchaus mitfühlen kann. Dass er ein Hund ist – und noch dazu als Boxer nicht als ästhetisch schönste Rasse gilt - kommt verstärkend hinzu.
1950er Jahre Die Wiederkehr des Humors
Nach Meinung der Autoren des Magazins „Plakat“[4] von 1954 fehlt der österreichischen Werbung eindeutig der Mut zum Humor, mit dem man die Kunden begeistern könne und welcher im Ausland gerne genutzt werde.[5] Tatsächlich sind aus dem britischen Bereich zahlreiche Plakate mit humoristischem Einschlag veröffentlicht worden.[6]
In diesem Magazin wurde eine Anzeige geschaltet, die ein Männchen mit Klappschildern um sich herum zeigt. Auf Vorder- und Rückseite steht: „Mit Humor – wirbt Rolf Totter“[7]. Totter war später für die „Z“ tätig.
Sparkassenwerbung und Humor
1958 ist im internen Sparkassenmagazin die Befürwortung des Einsatzes von Humor folgendermaßen begründet:
„Wir können trommeln, in dem wir direkt werben, d. h. immer wieder den Slogan „Spare, spare, spare!“ und das Sparkassenbuch bringen – und wir können es schmunzelnd schmackhaft machen durch indirekte Beispiele [in diesem Fall Plakate mit Humor] […].“[8]
Mit Humor verkaufts sich´s leichter
Der Grafiker Alfred Albiez wird 1958 von Eberhard Hölscher folgend zitiert: „Die gutgelaunte Hand des Grafikers an der Plakatsäule [schaffe] eine ähnliche Situation wie das charmante Lächeln im Warenhause, nämlich ein fruchtbares Klima, in dem die Kaufwünsche sprießen und gedeihen.“[9].
Noch 1969 empfahl Hans Ludwig Zankl den Werbeschaffenden, Humor in die Plakatgestaltung einzubringen, da man mit diesem Mittel: „dem Beschauer Freude bereitet.“[10]
Manuela Lechner verfasste eine Diplomarbeit zu humoristischer Werbung in den 1950er Jahren.[11] Sie zeigt hierbei unter anderem Rollenbilder von Mann und Frau auf und hinterfragt diese. Ihrer Meinung nach spricht Humor in der Werbung oft Tabus an oder bringt auf komische Weise unangenehme Themen zum Vorschein.[12]
Bekannte Grafiker nutzen Humor für Werbung
Bekannte Grafiker, die Humor in der Werbung einsetzten, waren beispielsweise Alfred Karpellus, Julius Klinger, Karl Köhler, Ernst Insam oder Ernst Balluf.
Wie Heinz Traimer mit diesem Thema umging, wird nachstehend anhand einiger Arbeiten erläutert. Es ist zu beobachten, dass Traimers heitere und „witzige“ Sujets ab Mitte der 1960er Jahre zunehmend verschwinden, und eine relativ belanglose Form von Fotografie und Zeichnung Einzug ins Werk hält.
Autor: Matthias Bechtle, Wien 2012.
[1] Edel 1918, S. 27.
[2]Bröchner, Henning, „Thor BØgelund-Jensen“. In: Verein der Plakatfreunde e. V. (Hg.), März 1918, Berlin 1918, (69-73) S. 71.
[3] Vgl. Halbert, A., Praktische Reklame, Hamburg 1927, S. 108-110.
[4]„Plakat“ Österreichs Werberundschau, Lois Schaffler (Hg.), Wien 1954.
[5] Vgl. Abbildung Nummer 2. In: Schaffler (Hg.) 1954.
[6] Vgl. die Jahrgänge von International Poster Annual von 1948-1955. Allner W. H. (Hg.), St. Gallen, Stuttgart, Frankfurt/Main 1948–1955.
[7] Vgl. Abbildung. In: Schaffler 1954, S. 44.
[8]Betriebswirtschaft und „S“ Werbung, 6. Jahrgang, Heft 6, November/Dezember 1958, S. 114.
[9] Zitat nach Alfred Albiez in: Eberhard Hölscher „Alfred Albiez – Humor in der Werbung“ in Gebrauchsgraphik-Magazin, Heft 9, Oktober 1958, S. 49.
[10]Zankl 1969, S. 177.
[11]Lechner Manuela, D.A. m.s. Die humoristische Werbung der 50er Jahre in Deutschland. Werbliche Rollenbilder und reale Gesellschaftsverhältnisse, Universität Wien 2000.
[12] Vgl. Lechner 2000, S. 63.