Von der Lithographie über den Siebdruck zum Offset-Druck
Der Lithographiedruck wurde durch den Siebdruck zur Herstellung von grafischen Erzeugnissen größtenteils ersetzt.
Seit Beginn des 20. Jahrhunderts kam zum Siebdruck der Offsetdruck (1904 Rollenmaschine) hinzu und verdrängte diesen immer mehr.[193]
Der Siegeszug des Siebdruckes in Europa
Bereits in den 1920er Jahren warben einige deutsche Druckereien mit dem Siebdruck-Verfahren.[194] Heute kommen der künstlerische Siebdruck (Serigraphie)[195] und die Lithographie nur noch selten zur Anwendung. Gebräuchlichstes Druckverfahren für Plakate ist mittlerweile der Offsetdruck.[196]
Ursprünge des Siebdruckes
Versuche, günstig viele Reproduktionen eines Motives oder eines Textes zu erhalten, gibt es schon seit ältester Zeit. Claus W. Gerhardt sieht Stempel als frühe Form an, beispielsweise in Ägypten oder in Assyrien, um ein Motiv in „immer absolut gleicher Form zu vervielfältigen“.[197]
Während man in Europa um 1900 noch hauptsächlich die Lithographie nutzte, um Plakate herzustellen, begann in den USA der Siebdruck erste Erfolge zu verzeichnen. [198]
Bis jetzt ist noch nicht geklärt, in welchem Kulturbereich, ob in Japan oder Europa, die tatsächlichen Ursprünge des Siebdruckes liegen. Als Vorläufer des Siebdruckes gelten Schablonendrucke, die in vielen Kulturen verwendet wurden.[199]
Erste Schablonendrucke entstanden vermutlich in der Eiszeit, wenn man (großzügig) die Handabdrücke in den Höhlen von Gargas, Frankreich, hinzuzählen mag.[200]
Japanische Grafiker und das Seiden-Gaze
In Japan wird der Künstler Yuzensai Miyasaki (1654-1736) als bedeutender Inventor für den Siebdruck angesehen, da er Papierschablonen, mit einem feinen Seidengitternetz versehen, zum Druck nutzte.[201] Ziel war es keine Verbindungsstege zwischen den losen Schablonenteilen zu haben und damit störende schwarze Linien, die nicht zur Zeichnung gehörten, zu vermeiden. 1868 wurde die Yuzensai-Schablone weiterentwickelt und nun aus „Kozu“, also Maulbeerblattpapier hergestellt, welche man mit Hilfe von Dattelpflaumensaft härtete und wasserabweisend machen konnte. Ob hierbei die Schablonenteile mit feinem Menschenhaar oder Seide verbunden wurden, scheint noch offen zu sein.[202]
Diese Technik kam - nach der erzwungenen Öffnung Japans zur der westlichen Welt hin - in Europa und den Vereinigten Staaten von Amerika auf den Markt.[203] 1850 wurde in Großbritannien ein bespannter Holzrahmen mit Seide präsentiert, doch erst 1914 ist ein Patent für Mehrfarbendrucke durch John Pilsworth in San Francisco angemeldet worden.[204]
Europa entdeckt den Siebdruck für sich
Fest steht, dass in Europa ab 1907 Seidengaze, ein dünnes Gewebe zum Sieben von Mehl, zum Drucken verwendet worden ist. Das Patent hierfür hatte Samuel Simon aus Manchester inne.[205] Gleichzeitig wird von derselben Technik als „screen“ in den USA gesprochen. Berichte hierzu tauchen um 1903, 1905 und 1906 auf.[206]
Seit 1910 hatte die USA die Vormachtstellung in der weiteren Entwicklung des Siebdruckes inne.
In Großbritannien wurde Siebdruck im Ersten Weltkrieg eingeführt und verbreitete sich von dort aus über die Niederlande nach Schweden und Dänemark.
Vereinzelt findet sich seit den 1920er Jahren der Filmdruck, ein verwandtes Verfahren, in Deutschland.[207]
Neue Farben für den Siebdruck
Die Entwicklung der Farben für den Siebdruck ging ab den 1920er Jahren zügig voran. 1925 entwickelte das württembergische Unternehmen MARABU eine neue Farbe, 1927 die Nürnberger Farbenfabrik und 1938 konnte die Firma Pröll weitere Erfolge in der Farbforschung verzeichnen.[208]
Der Durchbruch des Siebdruckes in Deutschland
Kurz nach dem II. Weltkrieg konnten Deutsche über die US-amerikanische Armee und deren Feldlagersiebdruckereien, die sie öffentlich präsentierten, erste Einblicke in diese Technik gewinnen.[209] Im „AMERIKA Haus“ in München fand vom 16. Juli bis 12. August 1954 eine große Ausstellung zum Thema „Industrie- und Kunstdruck in USA“[210] statt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Grafiker Heinz Traimer diese besucht hat.
Erstmals wurde die Siebdrucktechnik, in Deutschland, auf der internationalen Düsseldorfer Druckereimesse Drupa 1951 von einem großen Publikum wahrgenommen und anerkannt.[211] Um 1970 war die Etablierung der Siebdrucktechnik auf Papier, Kunststoff, Glas und Metall in der Massenproduktion abgeschlossen.[212]
Autor: Matthias Bechtle
Zitierweise: Bechtl, Matthias, Heinz Traimer DA m.s., Universität Wien 2012, S. 36-37.
[193] Zur Geschichte des Offsetdrucks, Loche 1971, S. 80-84.
[194] Vgl. Anzeige von Wetzel& Naumann A.-G. Leipzig. In: VDR Handbuch der Reklame 1923, Dolge (Hg.) 1923, S. 409.
[195] Zur Serigraphie: Reißenberger 1977, S. 199.
[196] Zum Offset-Druck: Schindler 1972, S. 221.
[197] Gerhardt 1974, S. 139.
[198] Vgl. Lexikon-Eintrag „Grafik, Varnhorn (Hg.) 2000, Band 7, S. 107.
[199] Vgl. Hainke 1979, S. 10.
[200] Vgl. Ebenda, S. 11.
[201] Vgl. Gerhardt 1974, S. 152.
[202] Vgl. Ebenda, S. 153.
[203] Vgl. Ebenda, S. 160.
[204] Vgl. Hainke 1979, S. 14.
[205] Vgl. Ebenda, S. 13.
[206] Vgl. Gerhardt 1974, S. 157.
[207] Vgl. ebenda, S. 142.
[208] Vgl. Hainke 1979, S. 14.
[209] Vgl. Gerhardt 1974, S. 184.
[210]Vgl. ein Werbeplakat für diese Ausstellung. In: Duvigneau (Hg.) 1982, S. 69.
[211] Vgl. Gerhardt 1974, S. 173.
[212] Vgl. Lexikon-Eintrag in: Altmann (Hg.) 2004, S. 558.